POP
CDs
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NEUES AUS
DER MUSIKWELT
Geraint Watkins
MOUSTIQUE
Jungle/Rough Trade CD (auch als LP)
(45’)
TIME
Naive/Indigo CD (auch als LP erhältlich)
(56’)
Joseph Parsons
EMPIRE BRIDGES
Meer Music & Blue Rose/Soulfood CD
(46’)
Felidae Trick
PATRIMONY
Lichtenstein/New Music CD
(42')
Für „House On The Prairie“ hat
Geraint Watkins gleich ein ganzes
Potpourri von Randy-Newman-Me-
lodien, vom Meister inspiriert und
auch dem nachempfunden arrangiert.
So nimmt er den Zuhörer mit auf eine
Reise - eine sehr nostalgische! - quer
durch (auch ur)alte Musik von New
Orleans 1920 über große Blues-,
Bossa-Nova- und Soul-Jahre bis zu
Elton-John-Pop und Country-affinem
Liedgut (bei „Shine A Light“). In der
Hinsicht ist er vergleichbar mit sei-
nem Mentor Nick Lowe, der das einige
Jahre als Schwiegersohn von Johnny
Cash kultivierte, wobei Watkins in
dem Lied auch an den Gospelsänger
Cash erinnert. Zwölf melancholische,
aus der Zeit gefallene Songs.
F. Sch.
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KLANG ★
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Mit gesprochener Lyrik und ei-
ner superben Melange aus Jazz,
Afrobeat und Funk tritt Anthony
Joseph in die Fußspuren von Gil
Scott-Heron,
Mutabaruka
und
den Last Poets. Das fünfte A l-
bum des auf Trinidad geborenen
Poeten entstand unter der Ägide
von Meshell Ndegeocello. Deren
abwechslungsreiche Arrangements
sind nicht nur Beiwerk: Ohne die
Nummern zu dominieren, schaffen
sie einen anregenden Kontrapunkt
für Josephs mal intensiven, mal
kontemplativen Sprechgesang, der
die schwarze Diaspora oder Frauen
und Widerstandskämpferinnen wie
das mutige pakistanische Mädchen
Malala Yousafzai besingt.
wz
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KLANG ★
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Wahrhaftigkeit, Rückgrat, Liebe
ohne Bedingungen - nach diesen
Idealen strebt Joseph Parsons auch
auf dem jüngsten Album wieder
voller Überzeugungskraft. Bei den
Plattenaufnahmen in Hilden (Kreis
Mettmann) und einem abgeschie-
denen Haus am Steinhuder Meer
hat er starke Lieder ganz in deren
Sinne erschaffen. Zu einem melo-
diösen und kraftvollen Indierock
singt der Amerikaner glaubwürdig
vom aufrechten Gang im Leben
(„Exhale“), vom Ärger über all
die Lügen in der Welt („Seek The
Truth“) sowie vom Kraftschöpfen
aus dem Zusammensein mit einem
geliebten Menschen („True“). Eine
ehrliche Haut.
hake
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Eigentlich stammt die Kerntruppe
aus Israel, ihre „Homebase“ fand
Felidae Trick jedoch in Berlin. Das
Quartett mit türkischen, ungari-
schen, griechischen, deutschen,
ägyptischen und eben israelischen
Wurzeln frönt einer musikalisch
sehr westlichen Spielart: Man kann
ihren Indie-Wave-Rock zwischen den
Arctic Monkeys, den Beatles und
The Cure einsortieren. Rumpelnde
Drums, Raspel-Gitarren und fiepen-
de Analog-Synthies bringen ihre
catchy Melodien zum Glühen; die
liebevoll arrangierten Songs verhin-
dern eine zu schnelle Abnutzung des
Ohrwurm-Potenzials. So aufbereitet
darf 8oer-Jahre-Wave gern wieder
um die Ecke kommen.
pb
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Buchkritik
L . A . - S t o r i e s
Der begnadete Gitarrist Ry Cooder
veröffentlicht einen Band mit Kurzgeschichten
Der originellste Song auf „Bop
T ill You
Drop“ war „Down In
Hollywood“, eine von Nutten, Zu-
hältern, Strichern und Polizisten
bevölkerte Geschichte, in die ein
vergnügungssüchtiger Besucher
gerät, der nur „some bad blues“
in einem Club an der Vine Street
hören will. Das läuft bei Ry Cooder
wie ein Film ab, der in seinem Rea-
lismus auch komödiantische Züge
aufweist. Ähnlicher Realismus,
nostalgisch angehauchter, prägte
ein Vierteljahrhundert später die
„California Trilogy“, in der Cooder
fast mit dem Interesse eines Eth-
nologen die Vergangenheit von
Südkalifornien und Los Angeles
beschwört.
Was er auch in den weithin
parallel geschriebenen, 2011 als
Buch veröffentlichten „Los Ange-
les Stories“ (Originaltitel) tat. Das
Milieu, von dem diese zwischen
1940 und 1958 angesiedelten acht
Geschichten handeln, ist ein ganz
anderes als das aus populärer My-
thologie von „L. A. Confidential“
bis „Gangster Squad“ bekannte
der restlos korrupten Polizisten und
Politiker und der clever dazwischen
lavierenden Kriminellen. Die Sto-
ries spielen im „Blue collar“-Milieu
einer damals noch organisierten
Arbeiterklasse und unter Immigran-
ten, die sich von einem Job zum
nächsten hangeln. Sie handeln von
Menschen, die keinem Polizisten
irgendwas erzählen würden, nach-
dem sie einen Mord beobachteten;
von sexy aussehenden Rhythm &
Blues-Sängerinnen; von anonymen
und bekannteren Musikern (John
Lee Hooker und Charlie Parker), von
denen einer am Ende der letzten
Geschichte sagt: „Ich hatte mich
entschieden, mir keine Sorgen
mehr zu machen. Los Angeles war
das Land der besseren Zukunft,
und irgendwas Gutes lag für mich
bereit.“ Nur spielt diese Geschichte
1950 - und wie alle zuvor in einer
Ry Cooder: In den Straßen von Los
Angeles (Heyne Verlag), 352 Seiten,
Preis: 8,99 Euro
so schon lange nicht mehr existie-
renden Stadt der Engel!
Ein sonst sehr selbstbewusster
Ry Cooder erklärte einem Intervie-
wer nach Erscheinen des Buches,
er sehe sich nicht als Schriftstel-
ler. Diese Geschichten habe er wie
seine Songs entworfen. Nicht ver-
kneifen konnte er sich, in einer an
jenen legendären Handwerker Paul
Bigsby aus L. A. zu erinnern, dessen
Erfindung eines Vibrato-Mechanis-
mus John Cipollina, Mick Taylor und
andere Gitarristen so virtuos nutzen
sollten.
Franz Schöler
Peter Hammill/Gary Lucas
OTHER WORLD
Cherry Red CD
(60’)
Auch als LP erhältlich
Beim ersten Song meint man, dass
die CD-Fabrik irrtümlich eine John-
Martyn-Platte in die Plastikhülle
eingetütet hat. Aber es sind dann
doch die beiden Galionsfiguren
der progressiveren Rockmusik, die
sich mit vielen akustischen und
elektrisch verstärkten
Gitarren
ins Studio begaben, um - auch
mit Hilfe etlicher Computer - in
neopsychedelischen
Klängen
Seelenlandschaften zu erkunden.
Was bei akustisch instrumentierten
Songs wie „Of Kith and Kin“, der an
Syd Barrett erinnernd, bewegender
gelingt als bei neuerdings wieder
schwer angesagten Noise-Psyche-
delica.
F. Sch.
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t k
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126 STEREO 4/2014
★ ★ ★ ★ ★ hervorragend I ★ ★ ★ ★ sehr gut I ★ ★ ★ solide I ★ ★ problematisch I ★ schlecht